Darm-Hirn-Achse: Wie der Darm die Psyche beeinflusst

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Darm-Hirn-Achse: Wie der Darm die Psyche beeinflusst
zuletzt aktualisiert: 26.12.2025
Lesedauer: 8 Min
von der Lebenskraftpur Redaktion
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Darm-Hirn-Achse: Wie der Darm die Psyche beeinflusst

Darm-Hirn-Achse: Wie der Darm die Psyche beeinflusst

Die Darm-Hirn-Achse ist eines der faszinierendsten Forschungsfelder unserer Zeit. Sie zeigt, wie eng unser Verdauungstrakt und unser Gehirn miteinander verbunden sind – und wie stark unsere Stimmung, unser Stresslevel und sogar das Risiko für neurologische Erkrankungen von unserem Darm beeinflusst werden können. Wer versteht, wie dieses komplexe Netzwerk funktioniert, erkennt schnell, wie entscheidend ein gesunder Lebensstil für Körper und Geist wirklich ist.

Inhaltsverzeichnis


Darm-Hirn-Achse – Das Wichtigste in Kürze

  • Die Darm-Hirn-Achse ist ein hochkomplexes Kommunikationsnetzwerk zwischen Darm, Gehirn, Nervensystem, Mikrobiom und Immunsystem.
  • Die Darm-Hirn-Achse hat nicht nur Einfluss auf die Verdauung, sondern auch auf Stimmung, Schlaf, Stresslevel und kognitive Funktionen.
  • Störungen der Darm-Hirn-Achse stehen u.a. im Zusammenhang mit dem Reizdarmsyndrom, Depressionen, Angststörungen, Alzheimer und Parkinson.
  • Stressmanagement, eine darmgesunde Ernährung, Pro- und Präbiotika sowie fermentierte Lebensmittel können dazu beitragen, die Darm-Hirn-Achse zu beruhigen.

Was ist die Darm-Hirn-Achse?

Die Darm-Hirn-Achse bezeichnet ein hochkomplexes Kommunikationsnetzwerk, über das der Darm und das Gehirn in ständigem Austausch stehen. Diese Kommunikation wird dabei als bidirektional bezeichnet. Das heißt: Sowohl das Gehirn sendet Informationen an den Darm als auch umgekehrt. Zu den wichtigsten Bestandteilen bzw. „Kommunikationskanälen“ der Darm-Hirn-Achse zählen dabei:

  • Das Nervensystem: Das sog. vegetative Nervensystem ist zentraler Bestandteil der Darm-Hirn-Achse. Über diesen Teil des Nervensystems kann das Gehirn Organfunktionen wie z.B. den Verdauungsvorgang steuern. Zu den wichtigsten Nervenbahnen gehört dabei der Nervus vagus (auch Vagusnerv genannt), der an der Regulation fast aller inneren Organe inklusive des Verdauungssystems beteiligt ist. Daneben existiert auch das enterische Nervensystem, das wegen seiner Komplexität vereinfacht auch als „Bauchhirn“ bezeichnet wird. Dieses durchzieht fast den gesamten Magen-Darm-Trakt und besitzt in etwa so viele Nervenzellen wie das Rückenmark. Es sendet Signale an das zentrale Nervensystem, das aus Gehirn und Rückenmark besteht.
  • Das Darmmikrobiom: Ein weiterer essenzieller Bestandteil der Darm-Hirn-Achse ist das Mikrobiom im Darm – auch Darmflora genannt. Die vielen Billionen Mikroorganismen im Dickdarm produzieren zahlreiche Stoffwechselprodukte, Neurotransmitter und Hormone, die über den Blutkreislauf oder direkt über Nervensignale eine Wirkung entfalten können.
  • Das Immunsystem: Auch die im Darm befindlichen Immunzellen sowie deren Reaktion auf verschiedene Reize spielen eine wichtige Rolle für die Darm-Hirn-Achse. Denn auch die Zellen unseres Abwehrsystems kommunizieren über Botenstoffe wie z.B. Zytokine mit anderen Geweben und dem Nervensystem.

Interessant zu wissen: Es wird angenommen, dass ca. 90 % des Serotonins im Körper im Darm gebildet werden. Serotonin reguliert als Neurotransmitter u.a. die Stimmung, den Schlaf, den Appetit und die Verdauung. Das im Darm gebildete Serotonin kann jedoch die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden und somit nicht ins Gehirn gelangen. Dennoch geht man davon aus, dass das Serotonin aus dem Darm über die Darm-Hirn-Achse indirekt Einfluss auf das Wohlbefinden hat.

Die Darm-Hirn-Achse setzt sich also aus neurologischen, mikrobiologischen und immunologischen Komponenten zusammen. Diese vielschichtigen Wechselwirkungen und ihr Einfluss auf die Gesundheit, die Psyche und das Risiko von Krankheiten stehen bereits seit einigen Jahrzehnten im Fokus der Wissenschaft und werden die Forschung aufgrund ihrer Komplexität auch noch viele Jahre beschäftigen.

Wie hängen Darm und Psyche zusammen?

Doch was bereits als gesicherte Erkenntnis gilt, ist: Die Darm-Hirn-Achse ist nicht nur für die Regulation der Verdauung relevant, sondern hat auch Einfluss auf die Stimmung, die Stressresistenz, den Schlaf, kognitive Funktionen und mehr. Zudem ist bekannt, dass eine gestörte Darm-Hirn-Achse mit Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom, Depressionen und sogar Alzheimer oder Parkinson zusammenhängt. Unklar ist bisher jedoch noch, ob ein kausaler Zusammenhang besteht und ob Störungen der Darm-Hirn-Achse Ursache oder vielmehr Folge von diesen Krankheiten sind.

Psychischer Stress und Reizdarm

Bei vielen Menschen mit Reizdarmsyndrom – einer häufigen, funktionellen Störung des Magendarmtrakts mit Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung – lassen sich psychische Belastungen wie Stress als Verstärker der Symptome ausmachen. Durch Fehlregulationen in der Darm-Hirn-Achse kann z.B. die Darmbewegung, die Darmbarriere oder die Zusammensetzung der Darmflora verändert sein. Zudem ist bekannt, dass viele Reizdarmpatienten zusätzlich unter Angst oder Depressionen leiden – ein weiterer Hinweis, wie eng der Darm und die Psyche vernetzt sind1.

Darmgesundheit und psychische Erkrankungen

Über das Reizdarmsyndrom hinaus zeigt die Forschung, dass bei Menschen mit Angststörungen oder Depressionen die Zusammensetzung der Darmflora im Vergleich zu Gesunden verändert ist. So sind bspw. tendenziell vermehrt „schlechte“ Bakterien vorhanden, die Entzündungen fördern, während „gute Bakterien“ reduziert vorkommen, die die wertvollen kurzkettigen Fettsäuren bilden2.

Tierstudien untermauern diese Beobachtungen. So haben Wissenschaftler den Stuhl von ängstlichen Mäusen in keimfreie Mäuse (ohne eigenes Mikrobiom) übertragen. Nach dieser Stuhl-Transplantation entwickelten die Mäuse, die sich vorher normal verhielten, ebenfalls ein ängstliches Verhalten. Dies beweist, dass die Darmbakterien das Verhalten und die psychische Gesundheit mit beeinflussen. Die Forscher konnten dabei auch feststellen, dass das neue Mikrobiom der Mäuse die Nervenzellaktivität in Gehirnregionen veränderte, die für Angst und Stress verantwortlich sind3.

Ein Ungleichgewicht des Darmmikrobioms geht also häufig auch mit einem Ungleichgewicht der psychischen Balance einher.

Daneben könnte die Gesundheit unseres wichtigsten Verdauungsorgans jedoch noch weitreichendere Folgen auf die Gesundheit von Nervensystem und Psyche haben. So wird in der Wissenschaft z.B. auch der Einfluss der Darmgesundheit auf Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Autismus untersucht.

Frau lehnt mit geschlossenen Augen an einer Glaswand mit Bergblick

Abb. 1: Die Darm-Hirn-Achse hat nicht nur Einfluss auf die Verdauung, sondern auch auf die Psyche.

So können Sie Ihre Darm-Hirn-Achse beruhigen

Die Darm-Hirn-Achse ist ein komplexes System und kann daher durch zahlreiche Faktoren negativ beeinflusst werden. Doch die gute Nachricht ist: Viele Einflussfaktoren sind auch zum positiven veränderbar. Nachfolgend werden einige Methoden genannt, die zu einer ausgeglicheneren und gesünderen Darm-Hirn-Achse beitragen können:

  • Stressmanagement: Chronischer Stress zählt zu den stärksten Belastungsfaktoren für die Darm-Hirn-Achse. Eine gute Stressregulation kann im Gegenzug die Belastbarkeit erhöhen und sowohl das physische als auch psychische Wohlbefinden stärken. Wichtige Säulen des Stressmanagements sind ausreichend guter Schlaf, regelmäßige Bewegung und gesunde soziale Kontakte. Auch Entspannungsmethoden wie Meditation, Yoga, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung haben sich hierbei bewährt. Darüber hinaus können sog. Adaptogene auf körperlicher und psychischer Ebene helfen, sich an Stresssituationen anzupassen. 
  • Darmgesunde Ernährung: Eine darmgesunde Ernährung unterscheidet sich kaum von einer allgemein gesunden Ernährungsweise. Sie zielt insbesondere darauf ab, ein stabiles Darm-Mikrobiom aufzubauen sowie lokal und systemisch Entzündungsreaktionen zu reduzieren. Wichtige Komponenten sind, ballaststoffreiche Lebensmittel und Pflanzenvielfalt zu genießen und stark verarbeitete Lebensmittel zu reduzieren. Besonders wertvoll sind fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir oder (rohes) Sauerkraut, da sie probiotische Kulturen liefern. Die Untergruppe der löslichen Ballaststoffe sollte ebenfalls in keiner darmfreundlichen Ernährung fehlen, da sie das Wachstum der nützlichen Darmbakterien und eine intakte Darmbarriere fördern, was sich wiederum positiv auf die Darm-Hirn-Achse auswirkt. Auf diese Weise könnte sich eine darmgesunde Ernährung auch hinsichtlich Stress, der kognitiven Funktion, psychischen Störungen oder neuropsychiatrischen Erkrankungen als hilfreich erweisen4. Mahlzeiten sollten außerdem stets möglichst achtsam und bewusst in entspannter Atmosphäre zu sich genommen werden.
  • Probiotika & Präbiotika: Probiotika sind vermehrungsfähige Bakterienkulturen mit positiven Eigenschaften für die Gesundheit, während es sich bei Präbiotika um Stoffe wie Ballaststoffe handelt, die das Wachstum von guten Bakterien im Darm fördern. Der Nutzen von präbiotischen und probiotischen Präparaten für eine ausgeglichene Darm-Hirn-Achse ist noch Gegenstand der Forschung. So gibt es z.B. Hinweise, dass sich die Einnahme mancher Bakterienstämme auch positiv auf die psychische Gesundheit auswirken kann5. Daher ist manchmal auch die Rede von „Psychobiotika“.
  • Grüner Tee: Grüner Tee gilt als eines der Lebensmittel, das aufgrund seiner wertvollen Inhaltsstoffe wie EGCG (Epigallocatechingallat) besonders förderlich für die Darmgesundheit zu sein scheint – obwohl er keine Ballaststoffe enthält –, und wird auch hinsichtlich seiner positiven Effekte auf die Darm-Hirn-Achse untersucht. So kann EGCG u.a. die Darmflora, die Darmbarriere und Entzündungsprozesse in der Darmschleimhaut positiv beeinflussen. Aus Zell- und Tierstudien ist bekannt, dass sich das EGCG aus Grüntee dabei auch positiv auf das zentrale Nervensystem inklusive des Gehirns auswirken kann. Dabei wird z.B. diskutiert, ob der Konsum von grünem Tee so auch neuroinflammatorische Prozesse – also „Entzündungen des Nervensystems“ – im Gehirn abschwächen könnte6.

Fazit: Warum die Darm-Hirn-Achse der Schlüssel zu ganzheitlicher Gesundheit ist

Die Darm-Hirn-Achse verbindet Verdauungssystem, Nervensystem, Psyche und Immunsystem zu einem fein abgestimmten Kommunikationsnetzwerk. Auch wenn noch vieles erforscht wird, gilt bereits als gesichert: Ein gesunder Darm trägt maßgeblich zu emotionaler Stabilität, Stressresistenz und mentaler Leistungsfähigkeit bei. Gleichzeitig können Ungleichgewichte im Mikrobiom nicht nur Verdauungsbeschwerden, sondern auch psychische und neurologische Erkrankungen begünstigen.

Die gute Nachricht: Jeder kann seine Darm-Hirn-Achse positiv beeinflussen – durch Stressreduktion, eine darmfreundliche Ernährung, die gezielte Einnahme von Pro- und Präbiotika sowie bestimmte funktionelle Lebensmittel wie grünen Tee. Wer seinen Darm stärkt, stärkt damit auch sein Gehirn und schafft eine wertvolle Grundlage für ganzheitliches Wohlbefinden.


Quellen

  1. Shaikh, Sun, et al., ‘Irritable Bowel Syndrome and the Gut Microbiome: A Comprehensive Review’, J Clin Med, vol. 12, no. 7, Apr. 2023. [Accessed: 25 November 2025].
  2. Cao, Cheng, et al., ‘Gut microbiota variations in depression and anxiety: a systematic review’, BMC Psychiatry 2025 25:1, vol. 25, no. 1, pp. 443-, May 2025. [Accessed: 25 November 2025].
  3. Ren, Lian, et al., ‘Gut microbiota regulates innate anxiety through neural activity of medial prefrontal cortex in male mice’, Front Neurosci, vol. 19, p. 1599818, 2025. [Accessed: 25 November 2025].
  4. Schneider, O’Riordan, et al., ‘Feeding gut microbes to nourish the brain: unravelling the diet–microbiota–gut–brain axis’, Nature Metabolism 2024 6:8, vol. 6, no. 8, pp. 1454–1478, Aug. 2024. [Accessed: 2 December 2025].
  5. Carlman, Rode, et al., ‘Probiotic Mixture Containing Lactobacillus helveticus, Bifidobacterium longum and Lactiplantibacillus plantarum Affects Brain Responses to an Arithmetic Stress Task in Healthy Subjects: A Randomised Clinical Trial and Proof-of-Concept Study’, Nutrients, vol. 14, no. 7, Apr. 2022. [Accessed: 2 December 2025].
  6. Yang, Chen, et al., ‘Tea Polyphenol Epigallocatechin Gallate and the Gut–Health Axis: Unraveling Structural Characteristics, Metabolic Pathways, and Systemic Benefits’, Advances in Nutrition, vol. 16, no. 12, Dec. 2025. [Accessed: 2 December 2025].
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