Weihrauch: Potente Hilfe bei entzündlichen Erkrankungen – Ein Überblick
Inhaltsverzeichnis
- Der traditionelle Einsatz von Weihrauch
- Die pharmakologische Wirksamkeit des Weihrauchharzes aus heutiger Sicht
- Anwendungsgebiete von Weihrauch
- Fazit
Der traditionelle Einsatz von Weihrauch
Der deutsche Name „Weih-Rauch“ weist bereits auf eine der Hauptnutzungen des Harzes hin: So wird das heilige Räucherwerk über alle Kulturen hinweg während religiöser Zeremonien als Opfergabe und zur inneren Reinigung verbrannt. Die dabei freiwerdenden, ätherischen Öle und Terpene (sekundäre Pflanzenstoffe mit oftmals charakteristischem Duft) sollen eine euphorisierende und psychisch anregende Wirkung aufweisen.
Darüber hinaus galt Weihrauch (auch Olibanum genannt) schon immer als außerordentlich kostbares Gut, das Königen und hohen Würdenträgern vorbehalten war – der Wohlstand ganzer Reiche gründete sich auf den Handel mit Weihrauch.
Antibiotika und Kortikoide verdrängen zunächst die traditionelle Weihrauchnutzung
Neben dem religiösen Gebrauch fand Weihrauch auch therapeutisch dank seiner antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften rege Verwendung.
Interessanterweise wurden bereits während der Antike und im alten Rom vor allem entzündliche Erkrankungen mit dem gemahlenen Harz therapiert. Mit dem Aufkommen der Antibiotika und Kortikoide wurde Olibanum jedoch, wie viele andere bewährte Naturheilmittel, vergessen. Bis in die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.
Durch die vermehrte Entstehung von Antibiotika-Resistenzen suchte man jedoch bald nach neuen Alternativen und besann sich dabei zurück auf die natürliche, jahrtausendelang genutzte Heilpflanze. Dabei entdeckte man auch die entzündungshemmenden Eigenschaften des Weihrauchs wieder, der im Vergleich zu den pharmakologisch genutzten Kortikoiden nahezu nebenwirkungsfrei ist.
Die pharmakologische Wirksamkeit des Weihrauchharzes aus heutiger Sicht
Mittlerweile sind über 200 verschiedene Inhaltsstoffe im Weihrauch-Harz identifiziert worden. Entscheidend für die außerordentliche Wirksamkeit des Harzes sind jedoch vor allem die Boswelliasäuren.
Von den insgesamt 14 bekannten gibt es bislang für 4 Boswelliasäuren einen pharmakologisch belegbaren Effekt als Entzündungshemmer. Für die therapeutische Anwendung am wichtigsten sind:
- AKBA- (3-O-Acetyl-11-keto-β-Boswelliasäure),
- KBA- (11-Keto-β-Boswelliasäure) und
- AcBA-Säure (Acetyl- β-Boswelliasäure)1.
Was macht Weihrauch so einzigartig?
Und genau die Boswelliasäuren sind es auch, die dem Weihrauch sein einzigartiges Wirkspektrum verleihen, welches denen anderer Naturstoffe und klassischen Entzündungshemmern überlegen ist. Denn neueste wissenschaftliche Erkenntnisse haben gezeigt, dass Weihrauch nicht nur das Entzündungsgeschehen stoppt, sondern gleichzeitig auch seine Heilung anregt.
Dieser Wirkmechanismus in Verbindung mit weiteren Eigenschaften und der Tatsache, dass Weihrauch nahezu nebenwirkungsfrei ist, zeichnet die große Stärke von Weihrauch als Entzündungshemmer aus.
Umbau der 5-Lipoxygenase zur Reduzierung chronischer Entzündungen
So ist Weihrauch in der Lage, die 5-Lipoxygenase umzubauen, ein Entzündungsenzym, das normalerweise die Produktion sog. Leukotriene steuert.
Leukotriene sind Entzündungsmediatoren, die vor allem chronische Entzündungen aufrechterhalten. Ging man früher davon aus, dass die Boswelliasäuren dieses Enzym lediglich hemmen, so weiß man durch aktuelle Untersuchungen, dass Weihrauch die 5-Lipoxygenase von einem entzündungsfördernden in ein entzündungsauflösendes Enzym verwandelt.
Dies geschieht durch strukturelle Veränderungen im aktiven Zentrum der 5-Lipoxygenase. Statt die Bildung entzündungsfördernder Leukotriene zu stimulieren, produziert die 5-Lipoxygenase durch die Einwirkung von Weihrauch entzündungsauflösende Substanzen. Dadurch entsteht vermutlich ein Domino-Effekt, der sich insgesamt positiv auf das Entzündungsgeschehen auswirken könnte2.
Senkung von TNF alpha zur Reduzierung chronischer Entzündungen und Gewebsschädigungen
Zudem senkt Weihrauch auch die Bildung von TNF alpha, einem zentralen Signalstoff des Immunsystems. Dieser vermittelt und erhält Entzündungen (Chronifizierung).
Darüber hinaus ist er auch an der Einleitung des natürlichen Zelltods (Apoptose) und der Zellentwicklung beteiligt. Eine dauerhaft erhöhte Konzentration dieses Signalstoffs führt häufig zu fortschreitenden Gewebsschädigungen3,4.
Antiödematöser (abschwellender) Effekt selbst im Gehirn
Boswelliasäuren verfügen zudem über abschwellende Eigenschaften.
Da die Säuren die Blut-Hirn-Schranke passieren können, kann sich ihre Wirkung auch im Gehirn entfalten. So wurde Weihrauch u.a. als begleitende Therapiemaßnahme bei 40 Patienten mit primären und sekundären Hirntumoren im Rahmen einer Pilotstudie zur Vermeidung eines Hirnödems unter Strahlentherapie eingesetzt. Bei 60 % der Patienten kam es zu einer Abnahme des Hirnödems um 76 %, in der Placebogruppe dagegen nur bei 26 % der Patienten. Weiterführende Studien sind hier nötig5.
Antitumorale Wirkung in Zellkulturen
Auch erste Anzeichen eines krebsinhibierenden Effekts wurden in Zellversuchsreihen nachgewiesen. So ist Weihrauch in der Lage, die sog. Topoisomerasen reversibel (umkehrbar) zu hemmen.
Gut zu wissen: Was sind Topoisomerasen?
Topoisomerasen sind Enzyme, welche die räumliche Anordnung der DNA verändern können. Sie spielen eine große Rolle bei der Vermehrung entarteter Zellen (Tumorzellen), denn die Enzyme sind notwendig zur Teilung des DNA-Stranges während der Zellteilung. Da Tumorzellen sich schneller teilen als nicht entartete Körperzellen, weisen sie auch mehr Topoisomerasen auf.
Im Laborversuch binden Boswelliasäuren reversibel (umkehrbar) an diese Enzyme und können so unter Umständen eine zu schnelle Teilung abbremsen. Zudem scheinen sie den natürlichen Zelltod der Tumorzellen zu fördern3.
Anwendungsgebiete von Weihrauch
Aufgrund des gut dokumentierten Wirkmechanismus eignet sich Weihrauch für alle, die unter chronischen Entzündungen leiden. Sei es, um eine medikamentöse Therapie zu ergänzen oder, im besten Falle, auszuschleichen.
So ist Weihrauch u.a. interessant als unterstützende Medikation bei der Therapie von chronischen Atemwegsentzündungen (Asthma bronchiale), Rheumatoider Arthritis oder Neurodermitis.
In der Schmerztherapie
Darüber hinaus lässt sich Weihrauch auch hervorragend in jede Schmerztherapie integrieren.
Durch seine fast völlige Nebenwirkungsfreiheit ist das Harz auch sehr gut für Langzeitanwendungen geeignet.
Bei Krebs und Hirntumoren als komplementäre Therapie
Auch der Einsatz von Weihrauch in der Krebstherapie wird bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Krebsforschung anhand von Tiermodellen, Zelluntersuchungen und präklinischen Studien untersucht.
Nach streng wissenschaftlichen Kriterien ist die Aussagekraft der bisherigen Studien laut Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) eher gering (krebsinformationsdienst.de).
Jedoch gibt es vereinzelt Pilotstudien an Probanden, in denen Weihrauch als Begleitmedikation positive Ergebnisse erzielt, und es gibt viele Einzelfallbeschreibungen, die einen begleitenden Einsatz in der Krebstherapie sinnvoll erscheinen lassen.
Der therapeutische Einsatz in einem regulierten Umfeld
Es gibt aber Ausnahmen: So hat Weihrauch bspw. am Hirntumorzentrum der Charité in Berlin einen festen Platz als ergänzende Medikation bei Chemotherapien. Denn das pflanzliche Mittel erspart den Patienten hohe Cortison-Gaben und die damit verbundenen starken Nebenwirkungen wie Wassereinlagerungen oder Bluthochdruck.
Allerdings müssen die Patienten hier hohe Weihrauch-Dosen einnehmen, die weit über die gesetzlich vorgegebenen Mengenangaben der Hersteller hinausgehen. Diese Art von Einsatz ist nur unter Aufsicht eines behandelnden Arztes möglich, der etwaige Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Präparaten umgehend feststellen kann.
Kaum Nebenwirkungen bekannt
Beim normalen Gebrauch von Weihrauch sind jedoch so gut wie keine Nebenwirkungen bekannt. Lediglich sehr seltene Magen- und Darmprobleme wurden bislang gemeldet, die jedoch bei gleichzeitiger Einnahme mit einer Mahlzeit verringert werden können.
Fazit
Weihrauch kann dank seiner schmerzlindernden, antimikrobiellen und abschwellenden Eigenschaften chronische Entzündungsleiden auf ganz natürliche Weise lindern. Er kommt dabei ohne die Nebenwirkungen klassischer Entzündungshemmer aus und eignet sich daher auch hervorragend für Langzeitanwendungen.
Quellen
- M. Z. Siddiqui, “Boswellia serrata, a potential antiinflammatory agent: an overview,” Indian J Pharm Sci, vol. 73, no. 3, pp. 255–261, May 2011, doi: 10.4103/0250-474X.93507.
- N. C. Gilbert et al., “Structural and mechanistic insights into 5-lipoxygenase inhibition by natural products,” Nature Chemical Biology 2020 16:7, vol. 16, no. 7, pp. 783–790, May 2020, doi: 10.1038/s41589-020-0544-7.
- H. P. T. Ammon, “Boswellic acids (components of frankincense) as the active principle in treatment of chronic inflammatory diseases,” Wien Med Wochenschr, vol. 152, no. 15–16, pp. 373–378, 2002, doi: 10.1046/J.1563-258X.2002.02056.X.
- K. Huang et al., “Review of the Chemical Composition, Pharmacological Effects, Pharmacokinetics, and Quality Control of Boswellia carterii,” 2022, doi: 10.1155/2022/6627104.
- “Antiödematöse Wirkung von Boswellia serrata auf das Strahlentherapie-assoziierte Hirnödem | Request PDF.” (accessed Oct. 05, 2022).