Inhaltsverzeichnis
- Antioxidative Effekte von Glutathion
- Glutathion spielt eine entscheidende Rolle bei Entgiftungsprozessen
- Andere Funktionen von Glutathion im menschlichen Körper
- Bestimmte Krankheiten und Stresssituationen können die Körpereigenen Glutathion-Reserven erschöpfen
- Glutathion in der Nahrung und als Nahrungsergänzung
- Fazit
Antioxidative Effekte von Glutathion
Den Titel Master-Antioxidans wird nicht einfach so vergeben. Es gibt harte Konkurrenz. In den Zellen des menschlichen Körpers finden sich zahlreiche effektive Antioxidantien. Dazu gehören sowohl körpereigene (endogene) Antioxidantien als auch solche die über die Nahrung zugeführt wurden (exogene).
Zu den körpereigenen Antioxidantien gehören Enzyme wie die Superoxid-Dismutasen (SOD) und Katalasen sowie andere endogene Antioxidantien wie das Carnosin, Taurin, Spermidin oder Coenzym-Q10.
Wichtige Antioxidantien, die unser Körper nicht selbst bilden kann und über die Nahrung aufnehmen muss sind die Vitamine C, E, B2, A und K. Darüber hinaus finden sich in der Nahrung andere interessante Antioxidantien wie PQQ und zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe wie Carotinoide und Polyphenole.
Was macht Glutathion also so besonders?
Im Gegensatz zu anderen Antioxidantien weist Glutathion gleich mehrere Mechanismen auf und ist so auf mehreren Ebenen gleichzeitig gegen oxidativen Stress aktiv. Darüber hinaus steht dem Körper ein sehr effektives System zur Verfügung, um verbrauchtes Glutathion effizient zu regenerieren. Glutathion bietet daher einen sehr verlässlichen Schutz. Im Folgenden wird kurz auf die unterschiedlichen Mechanismen eingegangen:
Glutathion ist ein starkes direktes Antioxidans
Glutathion ist ein sogenannter Radikalfänger. Es ist in der Lage, reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und freie Radikale unschädlich zu machen und so die Zelle vor den negativen Folgen dieser aggressiven Moleküle zu bewahren1.
Glutathion ist Substrat für antioxidative Enzyme
Neben den direkten antioxidativen Effekten nutzen bestimmte antioxidative Enzyme, die sogenannten Glutathion-Peroxidasen, das Glutathion als Substrat, um ihre schützenden Effekte zu vermitteln. Glutathion-Peroxidasen können das schädliche Wasserstoffperoxid und andere ROS-Spezies neutralisieren1.
Glutathion regeneriert andere Antioxidantien
Beim Neutralisieren von freien Radialen durch Vitamin C und E werden diese Vitamine „verbraucht“ – das heißt in einen für den Körper nicht mehr nutzbaren Zustand versetzt. Glutathion ist in der Lage andere Antioxidantien wie Vitamin C und E zu regenerieren und so ihre antioxidative Funktion wieder herzustellen2.
Glutathion bindet Schadstoffe
Glutathion hat die Fähigkeit viele Schadstoffe zu binden (dazu später mehr), die in freier Form zur Entstehung von oxidativem Stress beitragen können.
Dadurch verhindert Glutathion teilweise oxidativen Stress, bevor dieser entstehen kann.
Glutathion spielt eine entscheidende Rolle bei Entgiftungsprozessen
Die körpereigene Entgiftung wird in mehrere Stadien unterteilt.
Phase I ist die Umwandlung von körperfremden Stoffen durch eine ganze Reihe an Enzymen in der Leber.
Phase II ist die sog. Konjugation der dabei entstehenden Abbauprodukte oder anderer schwer wasserlöslicher Stoffe. Dabei werden diverse Stoffe wie Glucuronsäure oder Glutathion an die Abbauprodukte angeheftet, um diese wasserlöslicher zu machen und ihre toxische Eigenschaften abzuschwächen.
In Phase III erfolgt dann die Ausscheidung. Die Ausleitung verläuft klassisch über die Niere oder andere Transportwege wie zum Beispiel über die Galle.
Glutathion spielt eine wichtige Rolle bei der Biotransformation von (Schad)stoffen
In der Konjugation (Biotransformation Phase II) ist Glutathion einer der wichtigsten Stoffe, die an die Abbauprodukte diverser endogener und exogener Stoffe angehängt werden. Durch diese sogenannte Glutathionisierung können die modifizierten Stoffe in der Folge weiter abgebaut oder über die Niere bzw. Galle ausgeschieden werden.
Über diesen Weg werden sowohl giftige Fremdstoffe wie Schimmelpilzgifte (Aflatoxine) abgebaut, aber auch endogene Stoffwechselprodukte wie Prostaglandine oder Östrogene1.
Glutathion entgiftet Formaldehyd
Besonders wichtig ist Glutathion beispielsweise für den Abbau des krebserregenden Formaldehyds. Formaldehyd ist ein Umweltgift, welches sich in Zigarettenrauch und zahlreichen Lebensmitteln findet, aber auch als Stoffwechselprodukt im Menschen entsteht.
Glutathion bindet das toxische Formaldehyd und bildet einen ungefährlichen Stoff, der effizient abgebaut werden kann3.
Glutathion und Alkoholkonsum
Beim Abbau von Alkohol entsteht das giftige Acetaldehyd. Acetaldehyd hat zahlreiche negative Auswirkungen auf den Körper. Es verursacht oxidativen Stress, stört biologische Prozesse und verbraucht große Mengen an Glutathion. Vor dem Trinken von Alkohol sind volle Glutathion-Speicher daher besonders sinnvoll4.
Glutathion bindet Schwermetalle
Darüber hinaus kann Glutathion über seine Schwefelgrupp e auch diverse Schwermetalle binden. Solange Schwermetalle an Glutathion gebunden sind, können sie nicht mit anderen zellulären Strukturen wie Enzymen interagieren und der Zelle daher vorrübergehend keinen Schaden zufügen.
Neben Glutathion haben auch weitere Substanzen, die Fähigkeit Schwermetalle zu binden, diskutiert werden hierbei z.B. Vitamin C, Taurin, Carnosin, Selen und alpha-Liponsäure.
Bemerkung: Gebunden heißt im Falle von Schwermetallen nicht direkt ausgeleitet
Schwermetalle, die durch Glutathion oder andere Chelatoren gebunden werden, sind noch nicht ausgeleitet. Eine Ausleitung von Schwermetallen ist kompliziert und in vielerlei Hinsicht auch ein statistischer Verteilungsprozess.
Im Falle von Glutathion wird auf Basis von Tierversuchen ein Ausleitungsmechanismus über die Gallenflüssigkeit diskutiert5. Es ist jedoch noch unklar, in welchem Umfang Schwermetalle in diesem Zustand tatsächlich ausgeleitet werden können. Für viele Substanzen, die Schwermetalle binden können liegen jedoch Daten vor, die abmildernde Effekte auf die Toxizität von Schwermetallen demonstrieren (zum Beispiel verringerter oxidativer Stress)6.
Im Falle von Schwermetallen sollte der Fokus immer auf der Vermeidung der Aufnahme liegen.
Andere Funktionen von Glutathion im menschlichen Körper
Glutathion nicht nur als Antioxidans wichtig für unseren Körper, sondern hat deutlich vielfältigere Funktionen.
Glutathion ist ein zellulärer Speicher von L-Cystein
Die Verfügbarkeit der schwefelhaltigen Aminosäure L-Cystein ist häufig ein limitierender Faktor von biochemischen Prozessen (Taurin Produktion, Bildung von Proteinen (Proteinbiosynthese), …).
L-Cystein wird primär in der Leber aus L-Methionin gebildet und anschließend im Körper verteilt. Es kann nicht von den Körperzellen gespeichert werden und ist darüber hinaus ist ein oxidationsanfälliges, instabiles Molekül.
Da Glutathion in den meisten Zellen deutlich konzentrierter vorliegt als L-Cystein und der Körper L-Cystein bei Bedarf wieder aus Glutathion gewinnen kann, stellt Glutathion somit einen wichtigen zellulären L-Cystein-Speicher dar, um viele L-Cystein-abhängige Prozesse am Laufen zu halten7.
Glutathion ist wichtig für unser Immunsystem
Glutathion ist wichtig für eine effiziente Immunfunktion. Viele verschiedene Immunzellen sind funktionell von ausreichenden Glutathion-Werten abhängig und zeigen bei Glutathion-Mangel eine eingeschränkte oder Fehlerhafte Funktion. Darüber hinaus weist Glutathion modulatorische Effekte auf die Immunantwort auf, und kann die Immunantwort zugunsten der Abwehr viraler Erreger optimieren. Dadurch ist Glutathion besonders bei der Immunantwort gegen virale Infekte von Relevanz1,8,9,10.
Glutathion hat weitere Aufgaben
Neben diesen bekannten Rollen hat Glutathion viele regulatorische Funktionen und stabilisierenden Einfluss auf zahlreiche biochemische Prozesse. So ist es wichtig für die Proteinsynthese und Proteinstabilität, Die Vermehrung von DNA, die Zellteilung und die Regulation des programmierten Zelltods. Kurz gesagt ist Glutathion wichtig für das Gleichgewicht zwischen vielen zellulären Prozessen (Homöostase)1.
Bestimmte Krankheiten und Stresssituationen können die Körpereigenen Glutathion-Reserven erschöpfen
Situationen mit lang anhaltender starker oxidativer Belastung wie Infektionen, oder die chronische Belastung mit Umweltgiften können die Glutathion-Konzentration in den Zellen erschöpfen und immer weiter absenken. Ein ausreichender Glutathion-Pool ist jedoch für viele zelluläre Funktionen wichtig. Eine Erschöpfung des Glutathion-Pools stellt somit einen Risikofaktor für die Entstehung zahlreicher Krankheiten dar. Der Erhalt bzw. das wieder Auffüllen der körpereigenen Glutathion-Speicher wird daher bei vielen Indikationen als mögliche unterstützende Therapie diskutiert … (Krebs, Alzheimer, Infektionskrankheiten, etc. …)1.
Glutathion in der Nahrung und als Nahrungsergänzung
Da Glutathion in allen tierischen und Pflanzlichen Zellen vorkommt, sind viele Lebensmittel gute Quellen für Glutathion. Die Aufnahmerate von Glutathion aus dem Darm ist jedoch sehr beschränkt, obwohl Transporter für Glutathion im menschlichen Verdauungstrakt identifiziert wurden11. Zurückzuführen ist die geringe Bioverfügbarkeit auf die geringe Stabilität von Glutathion.
Glutathion wird während der Verdauung abgebaut
Über die Nahrung zugeführtes Glutathion ist sehr instabil gegenüber den sauren Bedingungen des Magens und wird im Dünndarm zudem enzymatisch abgebaut12,13. Die orale Bioverfügbarkeit von Glutathion ist daher sehr niedrig. Eine Erhöhung der Glutathion-Konzentration durch Glutathion-Gabe funktioniert, bedarf aber dadurch durchaus hoher Mengen14.
Aufgrund der niedrigen Bioverfügbarkeit von Glutathion aus der Nahrung und klassischer Nahrungsergänzung stellt dieses Glutathion hauptsächliche eine Quelle für L-Cystein, Glycin und L-Glutaminsäure dar. Es gibt jedoch Möglichkeiten die Bioverfügbarkeit zu erhöhen.
Liposomales Glutathion als Nahrungsergänzung
Bewährte Möglichkeit die Bioverfügbarkeit zahlreicher Substanzen zu verbessern ist die „Verpackung“ in sogenannte Liposomen. Diese aus natürlichen Phospholipiden bestehenden „Schutzhüllen“ bewahren das verpackte Glutathion vor saurer Hydrolyse im Magen und dem enzymatischen Abbau im Darm. Liposomen bestehen aus dem gleichen Material wie die Zellmembranen unserer Darmzellen und können mit diesen verschmelzen. Dabei geben die Liposomen ihre wertvolle Fracht in das Zellinnere ab, ohne das der Inhalt jemals in Kontakt mit dem Milieu des Verdauungstrakts kommt.
Im Gegensatz zu klassischem Glutathion oder Glutathion aus der Nahrung hat liposomales Glutathion daher eine hervorragende Bioverfügbarkeit13.
Eine weiter Möglichkeit stellt die Supplementierung mit Vorstufen von Glutathion dar.
Fazit
Glutathion ist eine der wichtigsten Tools unseres Körpers, um sich gegen oxidativen Stress und giftige Substanzen zu schützen. Da bestimmte Situationen die körpereigenen Speicher rasant aufbrauchen, stellt bioverfügbares Glutathion ein nützliches Tool dar, um den Körper in solchen Situationen zu unterstützen.
Quellen
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